Reisegebiet: | Canal du Nivernais (Burgund) |
Reisezeit: | September 2012 |
Start-Basis: | Châtillon-en-Bazois |
Ziel-Basis: | Coulanges sur Yonne |
Hausboot-Crew: | Franz-Josef Antwerpes und Familie |
Unser Boot: | Tarpon 32 |
Streckenlänge: | 60 km |
Schleusen: | 62 Schleusen |
... ein Reisebericht von Franz-Josef Antwerpes
Wer irrtümlich meint, Holland hätte die meisten Kanäle, kennt Frankreich nicht. Mit viel Zeit und ohne große Probleme kann man das Land von Norden nach Süden, von der Seine- oder Loire-Mündung bis in das Rhône-Delta befahren. Einer der landschaftlich schönsten und technisch reizvollsten Kanäle ist der im Nivernais, einer Landschaft im Burgund. Von Chatillion en Bazois bis Coulanges sur Yonne sind es etwa 60 Kilometer. Es gilt hier, 62 Schleusen zu überwinden, darunter die größte Schleusentreppe Europas, zwölf Schleusen hintereinander.
Wer die Wasserstraße im Burgund mit einem Hausboot befährt, kennt sich danach mit dem Schleusen aus.
Keine Eisenbahn, kein Lkw
Die Planungen für den Nivernaiskanal, aber auch für die anderen Kanäle im Burgund, wurden schon vor der französischen Revolution entworfen, aber erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts verwirklicht. An den Schleusenhäuschen sind die Daten der Fertigstellung abzulesen: 1826 bis 1836. Um diese Zeit gab es noch keine Eisenbahn, keinen Lkw, und Kohle wurde noch nicht im großen Maßstab abgebaut. Um die Pariser mit Heizmaterial zu versorgen, blieb die Wasserstrecke die einzige Lösung. Im waldreichen Südburgund wurden die Stämme in den Kanal geworfen und auf halber Strecke nach Paris, etwa in Clamecy, zu Flößen zusammengebunden und zur französischen Hauptstadt mit Pferden getreidelt.
Die Treidelpfade
Die Treidelpfade sind heute als gut ausgebaute Fahrradwege benutzbar, ein Verkehr wie am Rurradweg. Einige Deutsche wollten gleich wissen, warum ich mit einem Hausboot herumfahre und nicht auf dem Fahrrad säße. Da ist man Spott ausgesetzt. Mit dem verstärkten Abbau der Steinkohle war es mit dem Holz vorbei. Die Konkurrenz ließ die ganze Gegend verarmen. Südburgund hat nur wenige große Städte und ansonsten nur kleine Dörfer, die für den Touristen idyllisch wirken, aber deutlich machen, dass das Geld wohl in Paris sitzt.
Mindestens drei Erwachsene
Doch zurück zum Canal du Nivernais. Man soll sich vor den Schleusen nicht fürchten. Selbst wenn ein starker Wind weht, und der wehte, kommt man durch die engen Kammern. Überall sind Schleusenwärter, die mehrere Schleusen betreuen und auch beim Anlegen helfen. Es ist aber ratsam, bei einem Boot für vier bis sechs Personen mindestens drei Erwachsene an Bord zu haben. Einer lenkt, die anderen beiden müssen das Boot vertäuen. Vorher ein paar Schifferknoten zu lernen, ist nicht falsch. Einen Führerschein braucht man nicht. Die schönste Strecke ist zwischen Baye und Corbigny. Zunächst wartet man auf grünes Licht, denn der Kanal ist hier eine Einbahnstraße und ziemlich schmal. Man fährt durch drei Tunnel. Der längste ist fast einen Kilometer lang. Ein Handscheinwerfer sorgt für die Orientierung. Dann kommen zwölf Schleusen hintereinander. Man muss sich das so vorstellen: bei Baye ist die Wasserscheide. Südlich fließt das Wasser des Kanals in die Loire, nördlich in die Seine. Es geht also zunächst den Berg rauf und dann wieder runter, eine ingenieurtechnische Meisterleistung des 19. Jahrhunderts.
Wolldecken einpacken
Wer den Kanal befährt, muss sich vorher vergewissern, was an Bord ist: Geschirr, Bettwäsche und so weiter. Selbst eine Salatschleuder konnte ich drehen. Es empfiehlt sich, auf jeden Fall eine zusätzliche Wolldecke pro Person mitzunehmen. Die Nächte können selbst im Sommer ziemlich kühl sein. Wir hatten am 7. September 9,2 Grad. Da sind wir auch schon bei den zu empfehlenden Jahreszeiten. Der Franzose macht ab Mitte Juli bis Ende August Urlaub. Diese Zeit sollte man meiden. Es kann auch für einen Deutschen zu warm werden. Mai, Juni und September sind die besten Monate.
Da die Region nicht sehr dicht besiedelt ist, stellt sich sehr schnell die Proviantfrage. Man sollte vor Beginn der Fahrt in einer Epicerie (Lebensmittelladen) mindestens für zwei bis drei Tage Vorräte anlegen. In Corbigny, Tannay und Clamecy kann man dann zusätzlich einkaufen. Kleiner Hinweis: In Frankreich ist der Fisch billiger als in Deutschland, auch ist die Auswahl größer. Der Gasherd auf dem Boot fordert den Koch heraus.
Noch einige nützliche Tipps:
Der Franzose liebt seine Muttersprache so sehr, dass er anderen Sprachen eine eher geringe Aufmerksamkeit widmet. Man sollte sich also mit einigen französischen Ausdrücken vertraut machen. Hin und wieder wird auch Englisch gesprochen, deutsch so gut wie gar nicht, es sei denn, man gerät zufällig an einen Elsässer.
Für die Vorbereitung der Reise muss man sich einen Kanalführer besorgen. Für den Canal du Nivernais und einige andere Kanäle im Burgund den Kanalführer Bourgogne/Nivernais vom Verlag Editions du Breil. Gute Buchhandlungen können ihn schnell besorgen. Ohne diesen sehr detaillierten Führer werden sie von einer Überraschung zur anderen schippern, denn sie müssen auch wissen, wann die nächste Schleuse kommt, wann eine Ziehbrücke, meist von Hand, hochgezogen werden muss, (Brückensymbol mit zwei Querstrichen) und ob Sie einen Hafen finden, in dem sie neben einem Ankerplatz auch mit Strom und Wasser versorgt werden. Außerdem sollten Sie sich vor der Reise danach erkundigen, ob nicht eine Strecke durch Wassermangel nur beschränkt befahrbar ist. Diese Situation gab es 2003 und auch in diesem Jahr.
Anti-Brumm und Sonnenmilch
Eine Bootsfahrt auf dem Canal du Nivernais ist also voller interessanter Hindernisse. Wer sie in einer oder zwei Wochen überwindet, hat einen unvergesslichen Urlaub erlebt. Da kommt eine Kreuzfahrt in die Antarktis nicht mit, zumal es auf dem Canal du Nivernais, wie bereits angedeutet, auch ziemlich kalt sein kann. Dafür braucht man am Tag eher Sonnencreme und auch ein Fläschchen Anti-Brumm gegen hin und wieder zudringliche Insekten.
Fotos von: Nicolas Antwerpes & Franz-Josef Antwerpes