Reisegebiet: | Canal du Midi (Midi - Frankreich) |
Reisezeit: | 23. bis 30. August 2008 |
Start-Basis: | Agde (France Passion Plaisance) |
Ziel-Basis: | Carcassonne (France Passion Plaisance) |
Hausboot-Crew: | 3 Erwachsene und 4 Kinder |
Unser Boot: | Tarpon 37N |
Hausboot-Route: | Agde · Portiragnes · Villeneuve-lès-Béziers · Capestang · Le Somail · Argens-Minervois · Homps · Trèbes · Carcassone |
So kennt man den Canal du Midi - Platanenalleen links und rechts auf weiten Strecken des Kanals.
Da die Anreise von Tirol nach Agde doch einige Tage in Anspruch nimmt, beschließe ich, den Urlaub in 3 Etappen zu teilen und meinen Kindern dabei auch etwas von Frankreich zu zeigen. In Agde treffen wir dann am Vortag der Bootsübernahme auf meine Eltern, die mit uns fahren werden.
Am Samstagmorgen wird in einem Supermarkt in Agde noch der Großeinkauf gemacht, dann geht es zur Basis von FPP bei der Rundschleuse von Agde. Wir laden die Räder ab, das Gepäck aus und erledigen die Formalitäten auf der Basis.
Da ich über ein Bodenseepatent für Motor- und Segelboote verfüge verzichtet der Einweiser auf eine Probefahrt mit dem Hausboot. So legen wir nach dem Einladen um 17:30 gleich los, weil wir die 13 km bis Portiragnes und die dortige Schleuse noch vor 19 Uhr schaffen wollen. Denn Schleusenbetrieb ist nur von 9 bis 12 Uhr und von 13 bis 19 Uhr (fahren darf man allerdings bis die Sonne untergeht - wenn keine geschlossene Schleuse einen Riegel davor schiebt). Bei einem Hausboottempo von 8 km/h sollte das zu schaffen sein.
Wir passieren nach kurzer Fahrt die Kreuzung des Kanals mit dem Fluss Libron. Ein spezielles Bauwerk ermöglicht die Passage bei Hochwasser des Flusses. Um kurz vor 19 Uhr sind wir auch an der Schleuse von Portiragnes. Wir fahren noch ein Stück weiter - bis Villeneuve-lès-Béziers, wo wir am Ortsanfang einen Liegeplatz für die Nacht suchen.
Am nächsten Morgen - nach einem Frühstück mit frischem Baguette und Croissants aus der Bäckerei - fahren wir um 8:45 los, um um 9 Uhr bei der Öffnung der Schleuse von Villeneuve möglichst gleich dran zu sein. Denn bis zur Schleusentreppe von Fonserannes sind es immerhin noch 7,3 km und 4 Schleusen und wir wollen vor 12 Uhr dort sein, um noch vor der Mittagspause hochgeschleust zu werden, weil wir sonst bis 16 Uhr warten müssten. Die Schleusentreppe wird nämlich blockweise bedient, um möglichst effizient viele Boote bewältigen zu können.
Die größte Kanalbrücke am Canal du Midi ist jene bei Béziers über den Orb. Sie wurde gebaut, um das Durchqueren des Flusses - bei verschiedenen Wasserständen nicht immer einfach - zu umgehen (und es spart zwei Schleusungen).
Neben der Schleusentreppe gibt es das technisch interessante Schiffshebewerk. Es wurde 1987 erbaut, um sowohl größere Schiffe als auch mehr Boote mit weniger Wasserverbrauch in einem Wasserkeil hoch zu befördern. Allerdings wurde es wegen oftmaliger Gebrechen wieder außer Betrieb genommen.
Geschafft - wir sind noch vor der Mittagspause zusammen mit zwei weiteren Booten als vorletzte Partie in einer gemeinsamen Bergwärtsschleusung durch die 6 Schleusen.
Dieses sehr spezielle Bauwerk am Canal du Midi zieht viele Besucher an. So gab es zahlreiche Schaulustige bei den Schleusenmanövern.
Durch die Treppe von Fonserannes wird man in 35 min 13,6 m nach oben gehoben (talwärts dauert es 20 min). Danach hat man durch die geniale Streckenführung des Kanalerbauers Pierre-Paul Riquet 54,2 km schleusenfreie Fahrt.
Von oberhalb der Treppe hat man einen wunderschönen Blick auf die Stadt Béziers und ihre Kathedrale.
Nach der Mittagspause setzen wir die Fahrt fort und kommen bei Malpas - an eine weitere kanalbautechnische Meisterleistung, denn der 165 m lange Tunnel war der Erste seiner Art weltweit.
Tagesziel für heute ist Capestang, das eine markante Wehrkirche besitzt. Jede Menge Boote liegen hier auf beiden Seiten des Kanals und so fahren wir durch den Ort durch, um am Ende ein ruhigeres Plätzchen zum Anlegen zu finden.
Um das Gelände möglichst gut auszunützen und möglichst wenig Schleusen bauen zu müssen (braucht ja Wasser und kostet Zeit) hat Riquet den Kanal hier in zahlreichen Mäandern an einer Höhenlinie durch die Landschaft schlängelnd angelegt. Das bedeutet für den Hausbootkapitän eine wundervolle Fahrt unter den Platanen und man sieht links oder rechts der Strecke immer wieder die Fortsetzung oder den zurückgelegten Weg. Auch die Kirche von Capestang ist noch länger immer wieder zu sehen.
Bei der Kanalbrücke über das Flüsschen Cesse legen wir beim ehemaligen Schleusenwärterhaus an, das in ein Café umfunktioniert wurde. Hier füllen wir den Wassertank auf und trinken Kaffee während die Kinder ein Bad im Fluss nehmen (im Kanal ist das Schwimmen nicht erlaubt und wegen der eingeleiteten Abwässer der Boote auch nicht ratsam).
Unser Boot, die "Corto Maltes" (Malteserkreuz) ist eine Tarpon 37N. In der Kajüte im Bug haben drei Personen Platz, im Heck hat es zwei Kabinen - eine mit Doppelbett und eine mit zwei Stockbetten (letztere jedoch etwas eng und kurz und somit eher für kleinere Leute).
Vom Außensteuerstand hat man einen perfekten Überblick über das ganze Boot und auch in den Schleusen ist es dadurch gut zu handeln. Außerdem verfügt es über ein Bugstrahlruder. Mit dem von uns mitgebrachten Campingtisch (zusammen mit dem vorhandenen Deckstisch des Bootes) haben wir auch genug Platz, um mit allen sieben Personen draußen an Deck zu essen. Insgesamt sind wir also sehr zufrieden mit der Wahl unseres ersten Hausbootes.
Unser Tagesziel ist die kleine Ortschaft Le Somail mit einem der meist fotografierten Motive am Kanal - dem alten Stationshaus und der kleinen Steinbrücke.
Etwas außerhalb hinter Le Somail finden wir einen ruhigen Platz für die Nacht. Wir bevorzugen Plätze in der Ruhe der Natur etwas außerhalb anstelle der Liegeplätze in den Orten selber. Nach dem Abendessen tut ein kurzer Verdauungspaziergang in den Ort gut und für Einkäufe bzw. zum Brot holen am Morgen haben wir ja die Räder.
Noch immer sind wir auf der langen, schleusenfreien Strecke unterwegs, die "le grand bief" genannt wird ("bief" ist die Bezeichnung für eine Strecke zwischen zwei Schleusen). Und so kommen wir zügig vorwärts bis Argens-Minervois wo wir noch vor der Mittagspause die Schleuse passieren. Mit den Einkaufsmöglichkeiten am Kanal ist es etwas mager und so schnappen mein Vater und ich uns nach der Dorfbesichtigung zwei unserer Räder und fahren die 5 km in den Nachbarort Lezignan-Corbieres, um im Supermarkt einzukaufen. Der Rest der Crew bereitet inzwischen die Jause zu bzw. macht Siesta.
Mittags essen wir meist kalt (Käse, Pasteten, Charcuterie, Tomaten, Baguette usw.) und abends wird dann warm gekocht.
Immer wieder gibt es auch Doppel- oder Dreifachschleusen, um innerhalb kurzer Strecke möglichst viele Höhenmeter zu überwinden. Da ziehen dann die Kinder das Boot am Seil weiter in die nächste Schleusenkammer.
Heutiges Tagesziel ist Homps wo wir am Nachmittag zum nahegelegenen Badesee radeln, um etwas zu schwimmen. Zum Abendessen wird heute mal der Grill angeschmissen und danach wird Homps erkundet.
Immer wieder sieht man die aus Südamerika eingebürgerte Nutria (Biberratte) am Canal du Midi. Meist aber nur kurz, weil sie gleich abtauchen. Ein ganz neugieriges Exemplar kommt aber doch glatt mal bis zum Boot geschwommen.
Sich mit dem "schwimmenden Haus" in freier Natur fortzubewegen ist einfach wunderbar - durch das gemütliche Tempo erlebt man alles sehr intensiv. Und in Homps können wir auch wieder einen wundervollen Sonnenuntergang genießen.
Am nächsten Tag geht es weiter bis Trèbes, wo wir unterhalb der Dreifachschleuse übernachten. Zu mehreren Booten vor uns reihen sich später noch etliche Boote hinter uns ein. Hier ergänzen wir auch wieder unsere Vorräte im nahen Supermarkt (bei 7 Personen werden ganz nett Lebensmittel gebraucht) und da es auch ein Fischgeschäft gibt, koche ich heute eine Paella.
Am nächsten Morgen werden erst mal 12 Boote in einem Schwung heruntergeschleust, so dass wir gut 30 min warten müssen, bis wir bergauf drankommen. Oben stellen wir fest, dass dort eine lange Schlange an Booten wartet und der Andrang um nach unten geschleust zu werden noch wesentlich größer ist.
Zu den fast täglichen Routineaufgaben gehört auch das Wasser nachfüllen und da es hier in Trèbes eine Gratismöglichkeit gibt, nutzen wir diese.
Kurz vor Carcassonne "erwischt" uns die Mittagspause der Schleusenwärter in einem kurzen Stück zwischen zwei Schleusen. Leider zu spät um die letzte vor Carcassonne noch vor dem Mittag zu nehmen und dort mit Blick auf die Cité zu speisen.
Aber es gibt hier immerhin ein schattiges Plätzchen unter Bäumen. Also Campingtisch und Stühle ans Ufer und aufgedeckt für die Jause.
Danach fahren wir an Carcassonne vorbei (das wollen wir am Freitag bei der Rückkehr ausgiebig besichtigen), weil es ja erst Mittwoch ist und wir noch ein Stück den Kanal weiterfahren wollen. Ursprünglich umging der Kanal die Stadt - die sich nicht finanziell am Bau beteiligen wollte - durch eine Abkürzung im Norden. Die Stadtväter erkannten allerdings später den wirtschaftlichen Schaden, der hierdurch für die Stadt entstand und so ließen sie ihn auf ihre Kosten verlegen und er führt nun seit 1810 durch die Stadt.
Typisch für den Canal du Midi sind seine ovalen Schleusenwände, die Riquet geplant hat. Die Schleusen an diesem Kanal haben einen ovalen Grundriss und die gebogenen Wände bieten eine höhere Stabilität gegen die von außen auf die Mauern drückende Erdlast. Riquet entschied sich für diese Form, nachdem einige der ersten Schleusen, mit gerade gemauerten Wänden eingestürzt waren. Durch die Bauart haben bis zu vier Hausboote pro Schleusung Platz darin. Manche wurden später für die Lastschifffahrt auf das Frecynet Maß (38,5 m lang) vergrößert, doch die Eisenbahn und der Bau der Autobahn machten den Schiffstransport am Canal du Midi unrentabel. Heute wird der Kanal eigentlich nur noch von Freizeitschiffern benutzt. Aufgrund seiner Besonderheit wurde er zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt.
Bei einer Schleusung werden in einer typischen Midi-Schleuse durchschnittlich (je nach Höhe der Schleuse) ca. 500.000 l Wasser "verbraucht". Befindet sich das ankommende Boot nicht auf demselben Niveau wie der Wasserstand in der Schleuse, dann verdoppelt das die Menge gleich nochmal. Im Hochsommer bei Wasserknappheit kann es schon mal vorkommen, dass an den Schleusen gewartet wird, bis entsprechend Boote da sind bzw. dass zuerst auf den "Gegenverkehr" gewartet wird, um das Wasser optimaler zu nutzen.
Zwischen der Schleuse von Lalande und der Doppelschleuse von Herminis ist einer der kürzesten Abschnitte des Kanals zwischen zwei Schleusen.
Hinter Villesquelande machen wir für die Nacht fest - morgen wollen wir hier umkehren und zurück nach Carcassonne fahren.
Bei der Schleuse von Herminis hat ein Bretone eine Crèperie eingerichtet und das nutzen wir für eine Pause und Einkehr. Zur Mittagspause sind wir bereits wieder zurück in Carcassonne, wo wir von der Basis von FPP eine tolle Sicht auf die Cité von Carcassonne haben.
Während ein Teil der Crew am Boot zusammenpackt, aufräumt und putzt fährt die andere Hälfte mit den Rädern zur Festung um diese zu besichtigen. Danach wird gewechselt. Besonders die Jungs sind natürlich ganz fasziniert von dem restaurierten mittelalterlichen Bauwerk mit seinen imposanten Ausmaßen - für sie eines der Highlights der Woche.
Am Abend gehen wir in der Stadt essen und am nächsten Tag heißt es leider das Boot an der Basis bei FPP zurückgeben und das Auto beladen. Aber es warten ja noch ein paar schöne Tage Rückreise durch den Süden Frankreichs gen Norden und heimwärts mit den Kindern (Camargue, Nimes, Pont du Gard, Roussillon, Avignon, Mont Ventoux und die Alpen via Grenoble und Lac d´Annecy).
Kurzum eine fantastische Woche und ganz sicher eine Art Urlaub zu machen, die wir wiederholen werden.