Reisegebiet: | Rhein-Marne Kanal & Boucle de Nancy (Lothringen & Elsass) |
Reisezeit: | 11. bis 18. Mai 2015 |
Start-Basis: | Hesse |
Hausboot-Crew: | Markus Köchle und Crew |
Unser Boot: | Penichette 935W |
Hausboot-Route: | Hesse - Rechicourt - Moussey - Dombasle sur Meurthe - Laneuveville-devant Nancy - Toul - Nancy - Moussey - Hesse |
Für diesen Hausbooturlaub fiel die Wahl kurzfristig auf das Fahrgebiet Rhein-Marne Kanal und den Boucle de Nancy – also die Runde nach Nancy auf die Mosel bzw. Die kanalisierte Mosel bergwärts und dann über den Verbindungskanal Embranchement de Nancy zurück auf den Rhein-Marne Kanal.
Bedingt durch den Defekt des Hebewerks von St. Louis-Arzviller hat die Firma Locaboat temporär einen Teil ihrer Flotte nach Hesse verlegt (an den Standort von Le Boat, die im Gegenzug dafür Boote für den östlichen Teil des Rhein-Marne Kanals auf der Locaboat Basis in Lutzelbourg stehen hat).
Somit war es möglich mit der gemieteten Penichette 935W den Boucle de Nancy zu befahren, was ab Lutzelbourg in einer Woche nicht möglich wäre.
Wie bereits mehrfach praktiziert reisen wir bereits am Vortag der Bootsübernahme an und übernachten in Niderviller in einem Appartement der Basis der Firma Kühnle Tours die hier auch Zimmer anbietet. Zum Abendessen gehen wir ins nahegelegene Gasthaus Tannenheim, das an diesem Sonntag Abend sehr gut besucht ist und genießen unter anderem sehr gute Tarte flambée (Flammkuchen).
Für die Papier-Formalitäten müssen wir aber am nächsten Tag noch zuerst nach Lutzelbourg und besichtigen dabei auch noch die über dem Ort und dem Kanal gelegenen Ruinen des Schlosses.
Danach ging es am Weg nach Hesse noch nach Saarbourg, wo man sich bei etlichen großen Supermärkten mit allem für den Hausbooturlaub eindecken kann.
Nach einer kurzen technischen Einweisung ins Boot können wir auch schon um kurz nach 15:00 Uhr ablegen.
Hesse liegt in der östlichen Scheitelhaltung des Rhein-Marne Kanals und dadurch haben wir jetzt erst mal 20 km schleusenfreie Strecke und kommen gut vorwärts. Nach der Ortschaft Gondrexange trifft der Kanal den gleichnamigen See, den er durchschneidet. Dieser See dient auch zur Speisung des Kanals. Hier zweigt der Saar-Kohlekanal nach Norden ab, über den man über Saar und Mosel den Rhein erreichen kann.
Nach dem See sind wir bald an der ersten Schleuse.
Und das ist gleich eine ganz besondere, nämlich die:
Schachtschleuse von Rechicourt
Dies ist die höchste Schleuse Frankreichs im Frecineyt Maß (38,5 m × 5,05 m).
Hier geht es ca. beeindruckende 16 m nach unten!
Die Schachtschleuse ersetzt eine ehemalige Schleusentreppe von sechs Schleusen.
An Schwimmpollern geht es recht flott nach unten und danach durchquert man einen kleinen See.
Ab Rechicourt sind die Schleusen automatisch, dafür bekommt man eine Fernsteuerung an der Schleuse. Kurz vor einer Schleuse ist damit ein Sensor zu aktivieren, der die Schleuse zum Einfahren vorbereitet. Nach Einfahrt in die Schleuse und Sichern des Bootes an den Pollern wird mittels Heben einer blauen Stange der Schleusungsvorgang ausgelöst; das funktioniert im Großen und Ganzen auch immer recht gut. Bei Nichtfunktionieren der Schleuse kann über eine Rufanlage ein Mitarbeiter der VNF gerufen werden.
Nach den Schleusen an der oberen Saône ist das die zweite Strecke, wo wir keine manuellen Schleusen haben. Somit halt auch keine Schleusenwärter, kein Kurbeln – und auch allerdings keine kurzweiligen Kommunikationen an den Schleusen.
Wir schaffen noch drei weitere Schleusen bevor wir für heute kurz hinter Moussey für die Nacht "in freier Natur" am Kanalufer anlegen, den Grill fürs Abendessen auspacken und danach den ersten Abend an Bord bei einem guten Glas Wein ausklingen lassen.
Der Kanal ist meist recht breit und in diesem Abschnitt überwiegt die Natur am Ufer und wir genießen die Fahrt auf diesem Abschnitt, entgegenkommende Boote sind selten.
Bei Dombasle sur Meurthe wird das anders, die großen Fabriksgelände von Solvay, der Salinen von Varangéville und bei St. Phlin, wo Salz, Soda u.a. gewonnen wird sowie riesige Abraumhalden tauchen hier am Kanal auf; allerdings muss man ja auch sagen – hätte es diese Industrie nicht gegeben, wären die Kanäle auch nicht gebaut worden ...
Und hier gibt es auch noch gelegentlichen Berufsverkehrzu diesen Werken.
Vor der Schleuse von Laneuveville-devant Nancy ist für heute Schluss; die Schleusen hier sind für die Freizeitschifffahrt von 09:00 bis 18:00 Uhr in Betrieb und wir schaffen diese nicht mehr rechtzeitig; nach uns darf allerdings noch ein Frachtkahn durch – die haben längere Betriebszeiten.
Dass es keine Mittagspause bei den Betriebszeiten gibt, empfinden wir als kleinen Nachteil gegenüber anderen Fahrgebieten, wo das so ist; denn die Zeit der Mittagspause kann anderswo sinnvoll für das Mittagessen genutzt werden; hier geht einem diese Zeit des Nichtfahrens quasi ab – und am Abend ist dann eben auch schon um 18:00 Uhr an den Schleusen Schluss und nicht erst um 19:00 Uhr. Somit geht einem quasi eine Stunde Fahrzeit ab.
Dafür erleben wir dann hier eine gewaltige Abendstimmung mit langem Sonnenuntergang. Wie überhaupt die Morgen- und Abendstunden zu den schönsten auf dem Boot zählen, wo wunderbare Stimmungen vorherrschen.
Auch am nächsten Morgen beeindruckt uns erneut die morgendliche Stimmung auf dem Kanal, wo sich unter anderem auch die Wellen an einer Mauer im Sonnenlicht spiegeln.
Gleich nach der Schleuse von Laneuveville-devant Nancy zweigt der Verbindungskanal zwischen Rhein-Marne Kanal und Mosel links ab. Wir müssen uns also entscheiden, ob wir den Boucle von Nancy, die Runde rund um Nancy im oder gegen den Uhrzeigersinn befahren. Wir beschließen im Uhrzeigersinn zu fahren und Nancy am Rückweg zu besichtigen. Allerdings schon nach der ersten Schleuse kommen wir nicht weiter, die zweite Schleuse reagiert einfach nicht auf die Auslösung mit unserer Fernbedienung (warum das erfahren wir zwei Tage später). Also wieder zurück und doch gegen den Uhrzeigersinn, zuerst vorbei an Nancy.
Hier liegen auch längs des Kanals einige zu permanenten Bewohnungen umgebaute alte Frachtkähne und wir passieren eine Hebe- sowie Zugbrücke.
Unterwegs trifft man natürlich am Kanal auch immer wieder auf verschiedenste Tiere und Vögel, am häufigsten wohl die Fischreiher und Enten.
Vor und nach der sieben Meter hohen Schleuse de la Jonction bei Frouard gibt es auch verschiedenste Wand- und Mauergestaltungen. In der Schleuse von Clevant - der letzten vor der Mosel - wird die Fernsteuerung eingesammelt, weil die großen Schleusen auf der Mosel alle von einem Schleusenwärter betreut werden. Und dann biegen wir bei der Ortschaft Pompey links auf die Mosel ein um sie bergwärts zu befahren.
Auf der Mosel bis Neuves Maisons sind die Schleusen 185 m lang und 12 m breit, da kommen uns auch teilweise ganz nette Frachtschiffe (meist beladen mit Stahldraht aus dem Werk von Neuves Maisons) entgegen.
Den Abend verbringen wir im Hafen von Toul, von der Mosel über drei Schleusen zu erreichen, die wir gerade noch bis 18:00 Uhr hinter uns bringen. Die Stadt ist komplett von Festungsmauern, geplant vom Festungsbaumeister Vauban, umgeben und der Kanal führt teilweise auch an diesen vorbei.
Unterhalb der Schleuse von Villey-le-Sec sehen wir am Ufer einen Fuchs. Heute ist das Wetter weniger gut und es beginnt zu nieseln und zu regnen. In der Schleuse von Neuves-Maisons bekommen wir wieder die Fernbedienung für die Schleusen bis Rechicourt. Bis hierher fahren die großen Frachtschiffe, von denen gerade eins beim Werk mit Drahtrollen beladen wird.
Ab hier haben die Schleusen wieder Frecineyt-Maß und in der ersten erwartet uns auch gleich ein voller Regenguss. Danach geht es links weg auf den 10 km kurzen Verbindungskanal nach Nancy, erst mal 5 Schleusen aufwärts bis zur Scheitelhaltung. Da dieser Abschnitt keine natürliche Speisung hat, wird er über ein Pumpwerk in Messein mit Moselwasser versorgt.
Die Scheitelhaltung ist als Einbahn mit Ampelregelung ausgeführt.
Nach dem Drücken der Fernsteuerung reagiert die Ampel aber nicht und bleibt weiter auf Rot. Ok, kommt vielleicht einer entgegen oder es ist eventuell schon zu spät, so dass die Ampel niemanden mehr durchlässt. Auf jeden Fall machen wir erst mal Kaffeepause.
Danach geht das Teil immer noch nicht. Also schwinge ich mich mal aufs Fahrrad und fahre zur nächsten Schleuse um mit der VNF Kontakt aufzunehmen. Ok, sie schicken wen vorbei. Ich warte derweil an der Schleuse. Nach etwas mehr als einer halben Stunde kommt der Anruf der restlichen Crew vom Boot. Die VNF war da – man muss die Fernsteuerung ganz nah hinhalten, weil sie sonst die nahegegelegene letzte Schleuse auslöst – wieder was gelernt. Kurze Zeit später kommt das Auto mit den VNF-Mitarbeitern auch bei mir vorbei und bereitet die erste Schleuse der Schleusentreppe vor. So schaffen wir nach Eintreffen des Bootes bis 18:00 Uhr doch noch die ersten 6 Schleusen der sehr schönen Schleusentreppe. Der Abstand zwischen den einzelnen Schleusen liegt so knapp unterhalb von 200 m und die jeweils nächste Schleusenstufe wird bereits bei der Abwärtsschleusung in der vorherigen Schleusenstufe vorbereitet; so kommt man doch zügig vorwärts. Die Stelle zwischen zwei Schleusen für die Nacht ist sehr schön.
Am nächsten Morgen passieren wir die letzten Schleusen bis zum Rhein-Marne Kanal und danach biegen wir noch links Richtung Nancy Zentrum ab um einzukaufen und die Stadt zu besichtigen, was wir ja vor zwei Tagen ausgelassen haben um die Runde auch sicher zu schaffen. Die Stadt ist ja vor allem bekannt für den Place Stanislas, benannt nach dem Polnischen König Stanislas, Schwiegervater Ludwig des XV., der als Herzog von Lothringen diesen Platz anlegen ließ. Aber auch der Palast der Herzöge von Lothringen, die Kathedrale und die Stadt sind sehenswert. Und man sollte auch wenn schon in der Gegend eine Quiche Lorraine probieren.
Nach einem ausführlichen Stadtbummel verlassen wir Nancy, um noch etwas weiter zurück Richtung Hesse zu kommen. Es geht nach der Stadt wieder vorbei an den Industriegebieten wie jenem von St. Phil nach dem man auch die etwas entfernter stehende Basilika von St. Nicolas-sur Port mit ihren über 80 m hohen Türmen sehen kann.
Jetzt folgt wieder die sehr schöne Kanalstrecke mit sehr viel Natur. Nochmals übernachten wir bei Moussey.
Am frühen Morgen können wieder mal tolle Stimmungen mit der Kamera eingefangen werden. Ich weiß warum ich den Morgen und Abend beim Hausbootfahren so liebe ...
Der Getränkeladen am Kanal vor Rechicourt hat auch schon bessere Zeiten erlebt. Nochmals geht es über den See vor der Schachtschleuse und dann die 16m wieder nach oben.
Da wir gut in der Zeit liegen, machen wir noch einen kurzen Abstecher auf den Saar-Kohlekanal bis zum Etang de Stock. Und weil der Flammkuchen in der Auberge Tannenheim in Niderviller vor einer Woche so gut war, beschließen wir die letzte Nacht nicht auf der Basis in Hesse zu verbringen, auch weil da ja keine Schleuse am nächsten Tag vor der Rückgabe des Bootes zu bewältigen ist und die 5 km dadurch am Morgen leicht vor 09:00 Uhr zurückzulegen sind.
Ein perfekter Ausklang für einen wieder wunderschönen Hausbooturlaub ...
Wir bedanken uns recht herzlich bei Markus Köchle für diesen stimmungsvollen Reisebericht und die vielen schönen Bilder!