Reisegebiet: | Petite Sâone (Saône) |
Reisezeit: | Mitte Juli 2019 |
Start-Basis: | Scey-sur-Saône |
Hausboot-Crew: | 5 Erwachsene |
Unser Boot: | Linnsen Grand Sturdy |
Streckenlänge: | 214 km |
Schleusen: | 104 Schleusen |
Hausboot-Route: | Scey – Port sur Sâone – Corre – Fontenoy le Chateau – Girancourt – Bouzey und retour (104 Schleusen auf der gesamten Strecke rauf und runter und zwei Drehbrücken je Strecke) |
Die bereits 10. Hausboottour führte uns im Juli 2019 zum neunten Mal nach Frankreich und dort in die Region Burgund/Franche Comté. Ab Scey-sur-Saône sind wir mit einer Linssen Grand Sturdy von Locaboat bis zum Réservoir de Bouzey bei der Scheitelhaltung des Vogesenkanals gefahren und die gleiche Strecke wieder zurück.
Die Linssen Grand Sturdy ist ein niederländischer Stahlbau für bis zu 6 Personen: 10,7m lang, 3,4m breit, 1m Tiefgang, mit zwei Doppelkabinen, zwei Nasszellen/WC´s und 2 separaten Duschen, einem Außensteuerstand, Bug- und Heckstrahlruder, Terrasse und ein riesigen Stauraum im Boden des Salons. Auf diesem Boot hatten wir zu Fünft mehr als ausreichend Platz. Gebucht haben wir wie immer über die Agentur "Der Freizeitkapitän" in Krefeld. Reisezeit war eine Woche ab Mitte Juli. Übernahmetag für das Boot ein Samstag.
Wie üblich reisen wir bereits am Vortag in die Umgebung der Abfahrtsbasis an. Dieses Jahr ist die Anfahrt nicht so lang und wir sind bereits am Mittag in Frankreich. Wir suchen uns das Restaurant Ritter in Dannemarie für die Mittagspause aus und verkosten regionale Spezialitäten wie den frittierten Karpfen. Danach unternehmen wir noch einen kurzen Abstecher zum nahen Canal du Rhone au Rhin, der hier verläuft.
Am Nachmittag erreichen wir die Stadt Vesoul, für die wir uns aufgrund der Einkaufsmöglichkeiten entschieden haben. Nach einem kleinen Stadtbummel gönnen wir uns noch ein sehr gutes Abendessen im Le Caveau du Grand Puits, das wie meistens in Frankreich etwas länger dauert.
Am nächsten Morgen geht es erst mal zum Einkaufen in zwei Supermärkte, um uns für die Woche auf dem Hausboot weitgehend einzudecken. Das ist aufgrund der wenigen Orte am Vogesenkanal durchaus anzuraten, denn die Einkaufsmöglichkeiten sind begrenzt.
Bereits vor Mittag sind wir an der Locaboat Basis Scey-sur-Saône und die sehr nette Basisleiterin teilt uns mit, dass wir um 13:30 nach der Mittagspause unsere Linssen übernehmen können, einräumen dürfen wir bereits vorher.
Es geht auch noch schnell mit dem Auto ins nahe Scey zum Bäcker für Baguette, der sperrt nämlich Samstags um 12:00 Uhr. Auch der Supermarkt im Ort ist für seine Größe erstaunlich gut sortiert und somit eine tadellose Einkaufsmöglichkeit.
So legen wir nach einer kurzen Erklärung des Bootes schon sehr früh ab. Unser Boot ist gerade mal vier Jahre alt und in einem tadellosen Zustand. Einziges Manko an der wunderschönen Jacht mit viel Platz und Stauraum ist für mich das Fehlen eines Backrohrs und eines Innensteuerstandes. Normalerweise haben die Linssen von Locaboat sonst eine Persenning gegen den Regen, aber die in Scey wegen der beiden Tunnel Sâone abwärts und deren niedrigen Durchfahrtshöhen leider nicht. Aber es sollte die ganze Woche super Wetter sein, so dass dies für uns kein Manko darstellte. Dafür waren wir wegen der Hitze ganz froh um das klappbare Bimini.
Dieses Mal geht es für uns die Petit Sâone entlang aufwärts Richtung Vogesenkanal. Wir waren 2011 bei unserer zweiten Hausboottour schon mal in der Gegend unterwegs (von Branges an der Seille bis Gray). Damals sind wir über Gray hinaus noch bis Conflandey gefahren, wo wir umgedreht haben. Daher kennen wir das erste Stück des heutigen Tages schon. Und wir haben eine tolle Confiserie in Port sur Sâone in Erinnerung, so dass wir dort gleich einen Zwischenstop einlegen, um uns mit süßen Köstlichkeiten zum Kaffee zu versorgen.
Hinter der Stadt wird an einer großen Brücke gebaut, die Teil der Umfahrung der Stadt sein wird, die aktuell noch sehr unter dem Durchzugsverkehr der N19 mit vielen LKW´s leidet.
Wir kommen gut vorwärts, auch weil man auf der Sâone ja schneller als auf den Kanälen fahren darf und es nur wenige Schleusen gibt. Bei Montureux-lès-Baulay finden wir einen netten Anleger für die erste Nacht mit Tisch am Ufer, wo wir auch grillen können. Während des Abendessens hören wir aus dem Ort ein wenig von den lokalen Festivitäten zum morgigen Nationalfeiertag. Doch diese sind nicht laut und so haben wir dennoch eine ruhige Nacht. Doch zuvor geht’s noch für ein Bad in den Fluss, das ich genieße. Das Wasser ist sauber! Allerdings wäre hier am Steg Baden eigentlich verboten, doch um diese Tageszeit macht das wohl nichts mehr ...
Der 14. Juli ist ein französischer Nationalfeiertag und üblicherweise ist dann an diesem Tag alles dicht in Frankreich. Auch auf vielen Kanälen bedeutet das dann normalerweise: Kein Betrieb der Schleusen. Das haben wir 2014 am Loire Seitenkanal erlebt, wo wir nur 8km bis zur nächsten Schleuse bei Nevers kamen, was allerdings ohnehin damals so geplant war. Da allerdings die Schleusen an der oberen Sâone und am Vogesenkanal automatisiert funktionieren, gibt es hier keinerlei Einschränkungen und so erleben wir einen ungestörten Fahrtag.
Die Sâone in diesem Abschnitt ist landschaftlich sehr schön und viele Franzosen nutzen den Tag für eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen – das Fischen.
In Corre endet der befahrbare Teil der Sâone und beginnt der Vogesenkanal Richtung Epinal und Mosel. Dieser verläuft in einem meist sehr engen Tal neben dem Flüsschen Coney und überwindet bis zur Scheitelhaltung auf 50km Strecke 151 Höhenmeter mit 46 Schleusen - womit durchschnittlich auf einen Fahrkilometer knapp eine Schleuse kommt. Wer also viele Schleusungen nicht mag, ist hier eher fehl am Platz. Seile um Poller zu legen wird für uns in den nächsten Tagen eine häufige Tätigkeit.
An der oberen Sâone waren die Schleusen mit einem über dem Kanal hängenden Gummiseil auszulösen. Für den Vogesenkanal gibt es dafür eine Fernbedienung, die ein Automat an der ersten Schleuse in Corre ausgibt. Also ziehe ich dort eine Kartonschachtel links unten aus dem Automaten.
An einer Anzeigetafel wird nochmals auf das hingewiesen, was wir schon im Vorfeld auf der VNF Webseite erfahren haben:
Es kann zu Verzögerungen/Wartezeiten bei den Schleusungen kommen, denn der Speichersee bei Bouzey an der Scheitelhaltung ist heuer nur zu weniger als 50 Prozent gefüllt.
Grund hierfür waren ein Dammbruch bei einem Zubringerbach im Frühjahr und geringe Niederschläge. Wir fahren halt mal und sehen wie das wird, ansonsten können wir ja immer noch umdrehen, falls es zu mühsam werden sollte oder die Wartezeiten zu lang.
Vielleicht schaffen wir es ja doch bis zur Scheitelhaltung bis wir umdrehen müssen. Weiter wollen wir eh nicht, denn danach folgt die Schleusentreppe von Golbey mit 14 Schleusen auf ca. 3 Kilometer bevor es in den Stichkanal nach Epinal geht. Und das Befahren dieser Schleusentreppe – rauf und runter - wäre einfach nicht zu schaffen ohne die ganze Woche ein Wettrennen zu veranstalten. Außerdem war der Stichkanal nach Epinal sowieso seit dem 12.7. wegen Wassermangel schon dicht.
Wir kommen gut voran. Jede Schleuse öffnet sich gleich, wir müssen nie warten. Es ist aber auch fast kein Boot unterwegs. Dafür sind auf dem asphaltierten Treidelpfad des Kanals sehr viele Radfahrer - auch mit Tourengepäck - unterwegs.
Uns ist aufgefallen, dass die meisten Schleusenwände mehr oder weniger dicht mit Pflanzen bewachsen sind. Das kann der Struktur auf Dauer auch nicht guttun und sollte mal dringend gesäubert werden.
Ansonsten sieht man immer wieder Fahrzeuge der VNF entlang des Kanals fahren und der Rest der Strecke sowie die Ufer sind gepflegt.
Der Schleusenvorgang selbst wird dann durch das Hochschieben der bei automatischen Schleusen in Frankreich fast überall üblichen blauen Stange (außer bisher auf der Baïse mittels Steckkarte) ausgelöst.
Die Schleusungen gehen allgemein auch sehr rasch vonstatten.
Vier Schleusen später machen wir Mittagspause an einem größeren Quai bei Kilometer 142. In Selles betätigt eine Dame für uns die dortige Drehbrücke – sie arbeitet also auch am Nationalfeiertag.
Später laufen wir erstmals auf der Strecke vor einer Schleuse auf ein vor uns fahrendes Boot auf, das ziemlich groß aussieht. Deshalb frage ich ihn, ob wir zusammen in die Schleuse passen, was er bejaht. Sein Boot ist dann doch nicht so lang wie es zuerst wirkte. Zusammen befahren wir die nächsten Schleusen bis zum heutigen Tagesziel Fontenoy le Château, einer der wenigen Orte auf dieser Strecke.
Hier hat Le Boat eine Basis und erhebt auch eine Gebühr für Nachtlieger. Wir füllen den Wassertank auf. Ansonsten ist unser Boot recht autark mit 16V Adaptern und einem 220V Konverter für bis zu 300W. Wir sind die ganze Woche ohne 220V Landstrom ausgekommen.
Der kleine Ort hat einen älteren Ortskern und oberhalb der Kirche erheben sich Reste einer Burg.
Am Morgen versorgen wir uns in Fontenoy le Château bei einem Bäcker mit sehr gutem Brot, Baguette & Co. ... Ansonsten scheint es keinen Supermarkt im Ortskern zu geben und der Metzger hat leider geschlossen. Die geöffnete Apotheke nutzt uns wenig. Gut, dass wir in Vesoul ausreichend eingekauft haben.
Schleuse um Schleuse geht es nach oben. Irgendwann haben wir oberhalb einer Schleuse Gegenverkehr. Dort wartet ein Katamaran-Floß (Marke Eigenbau), das durch einen Außenbordmotor angetrieben wird, auf die Einfahrt zur Talschleusung. Auf diesem Gefährt, das ich nicht als Boot bezeichnen möchte, befindet sich ein Überbau, der einem Partyzelt sehr ähnlich sieht und offensichtlich die wichtigsten Einrichtungen zum Leben auf dem Wasser bietet. Darauf ein älteres Paar – der Fahne nach aus Deutschland. Allerdings versäume ich angesichts der Ausfahrt aus dem Kanal und der besonderen Vorsicht bei der Vorbeifahrt an dem doch sehr speziellen Gefährt, zur Kamera zu greifen.
Wir fahren an der Manufacture Royal de Bains-les-Bains vorbei, einer ehemaligen Fabrik für Blechwaren. Bedauerlicherweise kann man hier aufgrund einer Kehre, der Schmalheit des Kanals und höheren Seitenwänden nicht für eine Besichtigung anlegen.
Nach der Schleuse "La Colosse" befindet sich am linken Ufer eine Anlegestelle mit Tisch im Grünen, wo wir für die Mittagspause im Schatten festmachen.
Ein Stück nach der nächsten Schleuse befindet sich bei La Forge de Thunimont eine weitere Drehbrücke. Ein Mitarbeiter der VNF stellt auf beiden Brückenseiten einfach ein altes Metallgitter quer über die Straße um den Verkehr anzuhalten und öffnet uns dann die Brücke.
Die Schleusen sind übrigens auf der ganzen Strecke von 07:00 Uhr früh bis Abends 19:00 Uhr in Betrieb. Das abendliche Limit reizen wir meistens aus, am Morgen legen wir aber nie vor 09:00 Uhr ab, obwohl wir eher Frühaufsteher sind.
Schleuse Nr. 14 "Port de Thiélouze", die 21. des heutigen Tages!, reagiert dann nicht. Wir wissen nicht, ob es an der Fernbedienung liegt oder etwas anderes klemmt. Ich gehe unterhalb der Schleuse an Land und betätige am Technikhaus der Schleuse den Druckknopf zur Sprechverbindung mit der VNF. Soweit OK. Man werde Jemanden vorbeischicken und wünsche uns weiterhin gute Fahrt. Wir müssen auch nicht all zu lang warten und schon kommt ein Mitarbeiter und setzt die Schleuse wieder in Gang. An der Fernbedienung lag es nicht, die Schleuse selber hatte ein Problem.
In einigen Schleusen wächst an der Mauer im Wasser auch ein merkwürdiges Gebilde, das wir auch schon im Kanal treibend fanden. Sieht für mich wie ein Süßwasserschwamm aus. Eine spätere Recherche ergab, dass es sich hierbei um sogenannte Moostierchen (Pectinatella magnifica) handelte.
Zwei Schleusen weiter beginnt eine Kette von vier Schleusen mit einem Abstand von 270-310 Metern, die zusammen mit den nachfolgenden drei etwas weiter auseinander liegenden Schleusen als "Schleusentreppe von Void de Girancourt" ausgewiesen wird. Jede nachfolgende der 4 Schleusen wird automatisch durch die vorherige vorbereitet/geöffnet – man benötigt hier also die Fernbedienung nur für die Erste.
Zügig geht es daher weiter. Allerdings können wir nach einem Blick auf die Karte auf der Strecke mit den nächsten Schleusen vor 19:00 Uhr keine Anlegestelle mehr entdecken. Und da wir auch nicht wissen wie es unterwegs am Ufer aussehen wird und wir es wegen der Wartezeit an der defekten Schleuse ohnehin nicht mehr bis zum Anleger in Girancourt schaffen können, beschließen wir die Tagesetappe nach der dritten Schleuse an einem Steg mit Rastplatz zu beenden und dort die Nacht zu verbringen.
Der Platz ist auch wunderschön und ruhig. Dafür ist natürlich in der Umgebung auch kein Ort.
Das Brot ist zu Ende gegangen! Daher schwinge ich mich am frühen Morgen um kurz nach 7 auf's Rad, um am Kanal entlang ca. 5 km nach Girancourt zu fahren. In diesem größeren Ort gibt es sicher eine Bäckerei, denke ich mir. Doch in Girancourt ist keine Bäckerei zu finden, auch kein Hinweisschild auf eine solche. Auf der anderen Seite des Kanals gibt es einen Supermarkt, aber der macht erst um neun Uhr auf. Ich frage noch einen Mann, der gerade über die Brücke geht und er verweist mich darauf, dass es Brot nur im Supermarkt gäbe ...
Also fahre ich zurück zum Boot. Gut, dass wir noch Eier, Mehl und Milch haben – so gibt’s zum Frühstück halt Crepes mit Marmelade oder Nutella. Wir werden dann halt den Supermarkt besuchen, wenn wir in Girancourt sind.
Hinter der Schleusentreppe wird der Wassermangel dann doch etwas sichtbar. Am Ufer und an den Spundwänden kann man erkennen, dass die Haltungen zwischen den Schleusen hier doch deutlich weniger Wasserstand haben als normal üblich – gut 30cm höher muss der sonst sein. Ich fahre etwas vorsichtiger und ganz in der Mitte des Kanals.
Schleuse Nummer 4 "Launois" reagiert nicht. Also wird wieder mal der Knopf gedrückt und den VNF informiert. Wieder hören wir die freundlichen Worte: "Ich schicke jemanden und weiter gute Fahrt."
Die nächste Basis ist nicht weit und so ist schnell ein Mitarbeiter zur Stelle, der die Schleuse zurücksetzt und uns das Tor öffnet. Ich drücke ihm eine Dose Bier in die Hand, worüber er sich sichtlich freut. Ich muss sagen, das klappt hier sehr gut und schnell mit der VNF. Da hört man oft anderes, wobei wir selber nur ein Mal im Nivernais länger warten mussten.
Zwei Schleusen weiter - vor dem Supermarkt von Girancourt - habe ich wieder eine Schleusen-Panne ins Logbuch eingetragen. Die Schleuse lässt uns noch einfahren und schleust uns auch hoch, doch dann geht die Schleuse nicht mehr richtig auf. Da der Mitarbeiter von vorher aber gerade mit dem Auto daher kommt und sieht, dass was nicht stimmt sind wir nach dem Zurücksetzen der Schleuse und dem Betätigen eines Knopfes schnell wieder frei.
Wir legen am Quai von Girancourt an und marschieren in den nahen Supermarkt, der mittlerweile natürlich offen hat, um Brot und andere Vorräte zu ergänzen. Außerdem finden wir dort schönes Fleisch und Fisch/Meeresfrüchte. Somit gibt es heute Abend eine Paella und morgen wird noch mal gegrillt.
Dann folgt die letzte Schleuse vor der Scheitelhaltung, die wir bis zu einem Anleger neben der Einspeisung aus dem Reservoir de Bouzey befahren. Hier befindet sich auch eine Wasserscheide zwischen Mittelmeer und Nordsee. An dieser Stelle machen wir Mittagspause und einen Spaziergang zum nahen Speichersee, in dem man auch schwimmen kann.
Danach drehen wir um und machen uns auf den Rückweg. Es kommt Schleuse Nr.4 "Launois".
Und was ist? Sie reagiert nicht auf die Fernbedienung! Also folgt das schon bekannte Spiel:
Raus aufs Ufer, zur Schleuse, VNF rufen, warten, Mitarbeiter kommt.
Schon wieder diese Schleuse ... ja, ja! Ich habe sie danach für mich in "Die Launische" umbenannt.
Vor Schleuse 13 "Thiélouze" hat es eine Ausbuchtung, wo man für die Nacht liegen könnte. Aber es ist kurz vor sieben, eine Schleuse sollte noch gehen, um dann bei Thiélouze irgendwo am Ufer anzumachen.
Die Schleuse steht noch auf "betriebsbereit". Mit der Fernbedienung lässt sich die Einfahrt auslösen. Grünes Licht, die Schleuse öffnet sich, wir fahren hinein. Na also ... klappt doch noch! Blaue Stange ziehen, Signalton kommt, Schleuse schließt, Wasser beginnt sich zu senken. Doch plötzlich – es ist mittlerweile kurz nach 19:00 Uhr stellen wir fest, dass sich irgendwie so gut wie nichts mehr tut. Sollte die Schleuse doch Punkt 19:00 Uhr durch die VNF abgestellt worden sein? Ich steige aus und schaue auf die Einfahrtsampel – Doppelrot – also außer Betrieb. Also wirklich Pech gehabt? Wobei ich mir das nicht vorstellen kann, dann hätte die Schleuse uns schon gar nicht mehr einlassen sollen.
Ok, wird also vielleicht eine Nacht in der Schleuse. Ich betätige den Rufknopf zur VNF in der Hoffnung, dass da jetzt um 19:15 vielleicht doch noch wer da ist – und tatsächlich – es meldet sich jemand und sichert uns das Vorbeikommen eines Mitarbeiters zu.
Ich gehe wieder an Bord und beginne die Paella zu kochen, kann ja sonst doch nichts tun.
Es dauert, wir warten und bemerken irgendwann, dass sich der Wasserspiegel doch ganz langsam senkt. Über eine halbe Stunde ist vergangen und wir stellen uns doch schon langsam auf eine Nacht in der Schleuse ein. Mittlerweile befinden wir uns auf unterem Kanalniveau, da kommt ein Mitarbeiter. Sie hätten eben kurz vor 19:00 Uhr einen Stromausfall gehabt, der über 30 Schleusen umfasst hätte und der musste erst behoben werden. Also doch kein außer Betrieb stellen um Punkt 19:00 Uhr.
Wir müssen doch nicht in der Schleuse übernachten. Nochmals wechselt eine Bierdose den Besitzer. Ob die das eventuell mit Absicht machen, weil sie sich was von uns erhoffen??? ;-) Nach der Ausfahrt - beim ersten Haus von Thiélouze mit schön gepflegtem Garten - ruft uns ein Farbiger zu "La vie est belle" (das Leben ist schön) – wie wahr – wir können unsere Paella doch an einem schönen Liegeplatz genießen.
Übrigens scheinen die Schleusen hier am Vogesenkanal noch eine Besonderheit zu haben. Beim Abwärtsschleusen müssen wir vor jeder Schleuse auf die Füllung warten, alle sind auf Niveau der unteren Haltung – auch wenn uns davor ein Boot entgegenkam. Scheinen also immer nach einer Aufwärtsschleusung wie üblich bei automatischen Schleusen zu schließen, dann aber das Wasser standardmäßig abzulassen. Warum das erfolgt, weil ja nicht abzusehen ist woher das nächste Boot kommt und auch angesichts der bestehenden Wasserknappheit absolut kontraproduktiv – mir nicht verständlich. Dennoch mussten wir nie sehr lange warten.
Den Rastplatz La Colosse erreichen wir wieder zur Mittagszeit. In Fontenoy legen wir am Nachmittag nochmals an, um Wasser zu bunkern und Brot in der guten Bäckerei samt etwas zum Kaffee zu holen. Aber Fehlanzeige – Mittwochs hat die Bäckerei geschlossen – und sonst gibt es in diesem Ort ja leider weiterhin keine Lebensmittelgeschäfte - auch die Metzgerei ist wieder einmal nicht geöffnet. Aber zumindest gibt es noch Brot an Bord, das bis morgen nach dem Frühstück reichen wird, es geht also auch ohne. Nur zum Kaffee gibt es halt keine Patisserie.
Bei der folgenden Schleuse fährt ein Auto heran und wir werden vom Fahrer gefragt, ob wir Interesse an seinen Gartengurken hätten, die er uns anbietet - ja warum nicht. Also wechseln drei Gurken für einen kleinen Obolus den Besitzer.
Hinter Fontenoy macht der Kanal an zwei Stellen 180 Grad Kehren und führt an einem kleinen künstlich aufgestauten See vorbei, der zur Stromgewinnung genutzt wird.
Bei der Schleuse Pont du Bois wäre eigentlich ein schöner Anlegeplatz, aber hier liegt bereits ein Ausflugsschiff für die Nacht, das ab Fontenoy Rundfahrten anbietet – also kein Platz mehr, da dieses Boot auch länger ist.
Aber nach dieser Schleuse bis zur nächsten ist auf der Karte eine Stelle eingezeichnet, an der man festmachen kann.
Na ja ... ein Steg oder etwas Ähnliches ist nicht zu erkennen. Auch nicht ein gemähter Uferabschnitt wie manches Mal – also alles andere als wirklich einladend und das Ufer ist auch wenig geeignet, um auszusteigen.
Aber es nutzt nichts, es ist bereits 19:00 Uhr, die Schleuse vor uns auf Doppelrot. Selles hinter der übernächsten Schleuse mit Steg geht sich ohnehin nicht mehr aus. Also suchen wir uns noch eine zumindest halbwegs passable Stelle, um anzulegen, setzen zwei Erdanker und vertäuen das Schiff.
Ich übersiedle mit dem Grill an Land neben den asphaltierten Radweg. Jetzt ist ja so gut wie keiner mehr unterwegs und entfache dort eine Glut. Gegessen wird halt an Bord. Die Abendstimmung und Ruhe entschädigen uns für die schlechte Liegemöglichkeit.
Das gute ist, dass es von hier am nächsten Morgen nur knapp etwas mehr als einen Kilometer mit dem Rad nach Selles ist – und dort gibt es eine Bäckerei mit angeschlossenem Tante Emma Laden. Also ist die Versorgung mit Brot gesichert.
Beim Morgenspaziergang mit ihrem Hund verrät uns eine Passantin mit deutscher Muttersprache, dass es im Ort auch eine Biokäserei gäbe, die gleich neben dem Kanal liegt. Dieser wollen wir also einen Besuch abstatten und so legen wir nach Passieren der Drehbrücke am Steg des Dorfes an.
Nach kurzem Fußmarsch sind wir bei der Käserei, die aber leider geschlossen ist. Ich finde jedoch die Türe zum Büro und klingle einfach. Eine Dame meldet sich und ich frage nach Käseverkauf. Sie erklärt mir, dass die letzte Produktion gestern rausgegangen sei und man erst in einer Woche wieder neu produziert ... aber sie würde mal schauen, ob noch was da sei. So kann ich dann erfreulicherweise doch noch vier verschiedene Sorten Käse erstehen.
Am Mittag sind wir wieder in Corre und legen für die Mittagspause und zum Wasser tanken am Gemeinde-Liegehafen an. Ees gäbe am Ende der Sâone unterhalb der letzten Vogesenkanalschleuse auch noch eine von einem Schweizer Ehepaar geführte Marina. Nach der Mittagspause fahren wir in die Schleuse und werfen beim Automaten auf der rechten Seite Schachtel und Fernsteuerung (getrennt) ein. Ab sofort werden wir sie nicht mehr benötigen. Wir schleusen abwärts und sind wieder auf der Sâone.
Ab sofort geht es mit wesentlich weniger Schleusen also wieder sehr viel flotter voran und man darf auch schneller fahren. So kommen wir bis unter die Schleuse nach Montureux. Der kleine Hafen bei Fouchécourt mit einigen Booten erscheint uns weniger einladend für die Nacht. Daher nehmen wir kurz danach den Anleger auf der linken Seite beim Örtchen Baulay an der Brücke über die Sâone.
Hier beenden gerade zwei Fischer ihren Nachmittag und ich komme mit ihnen ins Gespräch. Der eine war Fernfahrer und kennt dadurch auch unsere Heimat, wo er öfters geliefert/geladen hat. Ich spendiere ihnen jeweils ein Bier, das mit großem Hallo angenommen wird. Nebenan am Steg badet die Dorfjugend und springt sogar von der Brücke in den Fluss – also gehen auch wir nachher noch schwimmen.
Die Infrastruktur im kleinen Dorf besteht aus einer verrauchten Bar, die auf Bestellung Brot am Morgen hätte und einer geschlossenen Creperie ...
Gut das wir genügend Lebensmittel in Vesoul eingekauft haben und gerne selbst kochen.
Der letzte Tag ist sehr gemütlich. Auf dem Abschnitt beobachten wir Störche am Ufer und etliche Milane im Fluge und auf ihren Horsten in den Bäumen am Ufer des Kanals, besuchen nochmals die ausgezeichnete Patisserie in Port sur Sâone und kaufen in einer Metzgerei ein gegrilltes Huhn für Mittags.
Als wir anlegen, sehen wir ein Stück unterhalb wieder das doch sehr besondere Floß des deutschen Paares, das uns schon am Vogesenkanal entgegen kam, doch nach dem Einkaufen waren sie leider auch schon wieder weg und wir haben sie auch nicht mehr eingeholt …
Wir fahren noch bis in den netten Seitenarm von Scey wo wir nach dem Campinglatz am Anleger vor dem Wehr Mittagspause machen und dann den Ort besuchen.
Vor dem Abend verlegen wir für die letzte Nacht noch das kurze Stück bis in den Hafen von Locaboat.
Am nächsten Tag geht es zurück in die Heimat – nicht ohne nochmalige Mittagspause in einem wieder ausgezeichneten französischen Lokal – dem Restaurant "La Couronne" in Tagsdorf.
Es war wieder ein absolut schöner Hausbooturlaub mit schöner Strecke, wenn auch mit vielen Schleusen am Vogesenkanalabschnitt, viel Natur und Ruhe, wenige Ortschaften. Mehrere Male Probleme mit dem Funktionieren von Schleusen, die aber allesamt recht rasch ohne große Wartezeiten durch Mitarbeiter der VNF behoben waren.
Wir hatten von der Zeit her noch Glück mit den Wasserständen, in den nachfolgenden Wochen gab es etliche Sperren und Beeinträchtigungen wegen der anhaltenden Trockenheit.
Die Linssen ist ein tolles Boot mit viel Platz trotz der bereits anfangs erwähnten Mankos, mit denen wir aber leben konnten.
Wir hatten uns ausnahmsweise ein Fahrrad zu unserem eigenen an der Basis dazu geliehen, weil unser bestelltes Klapprad für den Urlaub nicht rechtzeitig geliefert wurde. Dieses kleine weiße Klapp-Fahrrad war aber nichts Besonderes und wurde gerade ein Mal ausprobiert. Weite Strecken kann man damit nicht zurücklegen, wir nehmen in Zukunft lieber wieder nur eigene Räder mit.
Wir bedanken uns recht herzlich bei Markus Köchle für diesen stimmungsvollen Reisebericht und die vielen inspirierenden Fotos!